Anfang 2017 gab es in der Modewelt einen wilden Designerwechsel: Clare Waight Keller übernahm das kreative Zepter bei Givenchy. Zuvor arbeitete Waight Keller ganze sechs Jahre für das französische Label Chloé, bevor sie sich umorientierte und die kreative Leitung bei Givenchy übernahm. Ihrer Kollektion wurde mit großer Erwartungshaltung entgegengefiebert.
Waight Keller ersetzt jetzt bei Givenchy den Modedesigner Ricardo Tisci, der für seine Streetstyle-Looks mit heißer Weiblichkeit bekannt ist.
Vor dem Designerwechsel wurde gemunkelt, dass auch Off-White-Designer Virgil Abloh in Tiscis Fußstapfen treten könnte und dieselben Tendenzen mitbringen. Die Wahl fiel jedoch auf Clare Waight Keller, mit deren romantischen Chloé-Zügen Givenchy eine ganz andere Richtung einschlägt.
»True elegance comes with a natural gesture, an attitude in simplicity« – Hubert de Givenchy
Inspiration
Mit der frischen Besetzung möchte das französische Label jedoch keine Neuausrichtung des Hauses darstellen, sondern viel mehr den Ursprung aufsuchen. Bevor Riccardo Tisci im Jahr 2005 begann für Givenchy zu arbeiten, hatten vorher bereits unter anderem John Galliano und Alexander McQueen für einen rebellischen Stilwandel Richtung sexy Vamp gesorgt.
Angesichts der verbreiteten Ästhetik der 90er und frühen 2000er Jahre musste das Haus provokanter und radikaler werden. Dahingegen waren die ersten Designs des Gründers einfacher, eleganter und oft von nur wenigen Farbkombinationen geprägt. Waight Keller ist nun die erste Frau an der Spitze des Hauses und soll das Label durch ihre beruflichen Erfahrungen wieder auf Hubert de Givenchy besinnen.
Waight Keller ließ sich von den früheren Kollektionen des Hausgründers inspirieren und übernahm die grafischen Prints aus seiner Kollektion 1961, in der er das Kleeblatt zu seinem Markenzeichen machte,
und die Animal Prints, die er 1981 zu lieben begann.
Intention
Männer- und Damenmode bilden für die Designerin Waight Keller eine Verbindung. – »Behind transformation seduction is a couple. They represent my vision of modern togetherness.«
Ihre Mode soll also ein Spiegel moderner Gesellschaft sein und auch Geschlechterrollen neu verteilen. Die Male-Looks teilen die dunkle Romantik der Damenmode: Die Materialien wie Samt und Metallic-Finishing sind genauso weich, elegant und luxuriös.
Die durchdachte Wahl der Malemodels hingegen verleiht jedem Look etwas Markantes. Die Gesichtszüge sind scharf gestochen und bilden mit den harten Wangenknochen das perfekte Gegenstück zu den femininen und soften Stoffen.
Dark Romantic belagert Paris’ Palais de Justice und Givenchy fesselt damit Mann und Frau.
Nicht zuletzt wird auch der Frau durch dieses Motto eine neue Attitude verpasst. Für ihre erste Kampagne setzte Waight Keller die Newcomer Models Meghan Roche, Saffron Vadher, Elias Bouremah and Kolton Bowen mit einer Katze in Szene. Das Motiv der Katze fand sie bei Recherchearbeiten im Archiv des Hausgründers, der 1953 eine Katze mit orangen Augen als Print inszenierte.
Mit der Katze verbindet Waight Keller ganz besondere Charakterzüge, die sie nun versucht der modernen Frau zuzuschreiben, wie sie ‚The Telegraph’ erzählte: »A person may seem slightly reserved, but they have that serene, straight forward gaze. They’re seductive. You want to meet them, know more about them, and be like them. I wanted to play with that modern attitude and expression because I feel like it’s an apt metaphor for Givenchy’s current evolution.«
Die Kampagnenfotos, die in Arbeit mit dem Fotografen Steven Meisel entstanden, sind auf dem offiziellen Instagram Account des Labels zu sehen und stellen ein selbstbewusstes und mysteriöses Frauenbild dar.
Schnitte &
Materialien
Clare Waight Keller legt in ihren Schnitten die Betonung auf die Schultern und geht auch damit einen Schritt auf Hubert de Givenchy zu.
Obwohl die Farbwelt immer noch sehr dunkel ist und eine düstere Attitude mit sich bringt, kommt die Chloé-Vergangenheit der Designerin deutlich zum Vorschein: Transparente Oberteile, asymmetrische Chiffon-kleider und voluminöse Puffärmel bringen eine verspielte Note in die düsteren Looks und kreieren eine selbstbewusste Weiblichkeit.
Sie treffen auf extravagante Cutouts, tiefe Ausschnitte und rebellische Gürtelketten. Elemente, die an die rebellischen Vorgänger von Clare Waight Keller denken lassen.