Raf Simons geht mit Calvin Klein in die nächste Runde. Mit der F/S 18 Mode präsentiert er seine zweite Kollektion. Dazu empfing er die Gäste im Headquarter unter roten Chearleader -Pompons und Äxten, die vom Künstler Sterling Ruby installiert wurden.
Nachdem Simons Anfang des Jahres seine eigene Messlatte ziemlich hochgesetzt hatte, meisterte er es nun noch tiefer in die amerikanische Kultur einzutauchen und kreierte einen Zustand zwischen Macht und Ohnmacht, American Dream und American Horror Story.
»Fashion tries to hide the horror and embrace only beauty. But they are both a part of life. This collection is a celebration of that: a celebration of American life.« Raf Simons
Inspiration
Mit seinen belgischen Wurzeln scheint der Designer Amerika ganz anders wahrzunehmen, als die lokalen Modeschöpfer.
Als wäre er auf einem Roadtrip durch die Geschichte unterwegs, inszenierte er in seiner vorherigen Kollektion lässige Cowboylooks, die selbstverständlich auch auf den kulturellen Hintergrund des Landes verwiesen.
Nun bewegt Raf Simons sich irgendwo in den 60er Jahren, als Andy Warhol mit Popart eine neue Stimme in die Kunstwelt hallen ließ. Der US-amerikanische Spielfilm »Easy Rider« (1969) wurde von dem Künstler in Form seiner bekannten Siebdrucke aufgegriffen.
Diese macht sich Raf Simons nun zu Nutze und lässt das Lebensgefühl von Freiheit und Bikervibes in seiner Kollektion auftauchen.
Beauty und Freiheit kann sich ganz schnell in Horror und Beengung wandeln. Dafür inszenierte der Modedesigner weitere Stilmotive aus Warhols Serien »Knives« (1981/82) und »Death and Disasters«(1963).
In den Werken zeigte Warhol unter anderem Zeitungsbilder, auf denen die Folgen echter Verkehrsunfälle zu sehen sind – und löste damit Entsetzen aus. Kunst, Musik und Film bilden für Raf Simons die Popkultur von Amerika.
Ein Film, von dem Simons sich inspirieren ließ, ist Amerikas bekanntester Horrorfilm »Carrie« (1976). Als sei die dunkelhaarige Protagonistin lebendig unter uns, läuft eine verblüffend ähnlich aussehende Brünette im roten Kleid den Runway entlang. Die langen Fäden erinnern an das fließende Blut, das Carrie im Film den Körper herunterläuft.
Genauso eindeutig ist der Look von Mia Farrow, in dem sie in »Rosemary’s Baby«(1968) um ihr Leben bangt. Die Schauspielerin trägt in dem Horrorfilm ein babyblaues Nachthemd mit starker Trapez-Silhouette.
Simons übernahm für seine aktuelle Kollektion sowohl die Trapezsilhouette, als auch den Babyblauton des Nachthemdes. Er inszeniert das Nachtgewandt als Anorak aus einem modernen regenabweisenden Material.
Das selbe Spiel mit Materialien setzte Simons in einem Look um, den Shelley Duvall in »The Shining« (1954) trug: Der rote Rollkragenpullover und das blaue Küchenkleid bekommen durch das latexähnliche Material einen verruchten Touch.
Intention
In seiner neuen Wahlheimat New York ist der Modedesigner der Traumfabrik Hollywood näher, denn je. Nun scheint es allerdings, als würde er den Wahnsinn aufdecken wollen: Mit seiner Kollektion beschreibt er, wie nah Traum und Albtraum aneinander liegen.
Als würde er uns daran erinnern wollen, dass Träume wahr werden können uns aber gleichzeitig warnt, dass Albträume auch Träume sind. Für die Amerikaner selbst wird es sicherlich ein Gefühl der Ohnmacht sein: Will Simons darauf hinweisen, dass der American Dream immer mehr schwindet und das Land vor einem politischen und gesellschaftlichen Albtraum steht?
Schnitte
In seiner Kollektion kann man jedoch auch den persönlichen Werdegang des Designers erfassen: Seine jahrelange Arbeit für Dior ist in den Silhouetten der leicht ausgestellten Röcke klar erkennbar.
Die langen Regenmäntel, die sowohl von Frauen, als auch von Männern präsentiert werden, lassen auf die Original Calvin Klein Kollektionen schließen: Klare und saubere Linien, die mit modernen und ausdrucksstarken Materialien gepaart werden.
Darunter ist selbstverständlich das klassische Denim, für das die Modemarke Calvin Klein schließlich steht. Ein Zweiteiler aus Jeans und bedruckten Lederpatches bringt perfekt zum Ausdruck, wie Raf Simons die Traditionen des Hauses weiterführt und trotzdem seine eigene Handschrift integriert.
Raf Simons hat es erneut geschafft: Die Modewelt hielt für einen Moment den Atem an.