MOLLY GODDARD Designer­portrait

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»When things are a bit ugly and a bit subverted, they are much more beautiful.« Molly Goddard, Juni 2017

 


Fashionweek London, Frühjahr/Sommer 2018, ©Stefan Knauer

Vom internationalen Modemagazin Harper’s Bazaar zum »Breakthrough Designer of the Year« ernannt, ist Molly Goddard ohne Zweifel die interessanteste britische Designerin des Jahres.  Ihr Name steht in der Modewelt für weibliche, rüschige Tüllkleider und gesmokte Kleidungsstücke.

Tüll-Kreationen –  der Favorit der Designerin


Fashionweek London, Frühjahr/Sommer 2018, ©Stefan Knauer

Im Vergleich zu vorherigen Kollektionen ist die Frau ihrer Frühjahr- und Sommermode 2018 erwachsen geworden. Sie verlässt allmählich die flauschige Tütü-Welt und widmet sich weniger kindlichen Aktivitäten. So eröffnet Supermodel Edie Campbell die Show mit einem Glas Wein in der einen und einer Zigarette in der anderen Hand. Andere Models tanzten auf dem Catwalk. Die nötige Beinfreiheit gewähren Goddards Kreationen dabei fast immer.

Party dress next level: Das Goddard Mächchen ist erwachsen geworden


Fashionweek London, Frühjahr/Sommer 2018, ©Stefan Knauer

KARRIERE

1988 kommt die Britin in England zur Welt. Mit Bachelor und Master in Knitwear Design verlässt sie 2012 die englische Modeschule, Central Saint Martins und gründet ihr eigenes Label.

Bereits 2013 entwickelt Designerin Goddard eine Kollektion gemeinsam mit dem Online-Shop Asos. Innerhalb von wenigen Stunden sind die bunten Tüllkleider ausverkauft.

Im November 2016 kooperiert sie mit der NOW Gallery in London: Molly Goddard fertigt für die Ausstellung sechs überdimensional große Kleider, die von der Decke hängen. Die Besucher der Ausstellung dürfen selber nach Nadel und Faden greifen und auf den sieben Meter langen Einzelstücken ihre eigene Handschrift in Form von Stickereien hinterlassen. Goddards Ziel der Ausstellung war, ein breites Publikum für die traditionellen Techniken der Stickerei zu begeistern.

 

  • 2016: Molly Goddard gewinnt bei den Fashion Awards den »British Emerging Talent Award«
  • 2017: Sie ist eine der Finalisten des LVMH-Preises, gewinnt aber nicht.

 

Für ihre Abschlusskollektion inspirierte sich die Britin an ihrer Babykleidung. Eine Saison später, im Frühjahr 2015, präsentierte Goddard Kleider, die an eine Sweet 16 Party erinnern. Anstatt einer richtigen Fashion Show, veranstaltete sie  damals die budgetschonende »Fun Molly Party«.

»It’s that awkward party dress thing where someone sits down and the dress is like ‘poof’.«

Überdimensional und mit übertrieben viel Tüll verziert, zeigten diese Kleider, was Teenager unter schicker Abendmode verstehen. Mit einem Augenzwinkern rückt Goddard damit die schwere Zeit der pubertären Unsicherheiten und misslungenen ersten Versuche, in den Mittelpunkt ihrer Kollektion.

INSPIRATION

Cristobal Balenciaga hat einen starken Einfluss auf die Entwürfe der britischen Designerin. Der spanische Couturier folgte nicht den Linien des Körpers, sondern entwickelte voluminöse Silhouetten – ein Prinzip, dem auch Goddard in ihren Kollektion folgt. Balenciagas Designs waren vor allem für die Mode der 50er und 60er Jahre in Paris revolutionär. 2017 ist Goddards Arbeit im Rahmen einer Ausstellung über den spanischen Couturier im Victoria & Albert Museum in London ausgestellt worden.

Goddard schildert ihre Bewunderung für Balenciaga in diesem Video des Victoria & Albert Museums

 

SCHNITTE &

MATERIALIEN

Spezielle Anlässe sowie das Erwachsenwerden flirten in ihrer Arbeit mit der Nostalgie des perfekten Sonntagskleides. Durch ihren Umgang mit Stoffen und Techniken, die normalerweise eher auf Kinderkleidung angewendet werden, zeichnet sie sich von anderen Designern ihrer Generation aus. Gesmokter Tüll ist zu ihrer Handschrift geworden.

Volumen ist ein anderer wichtiger Aspekt ihrer Arbeit. Ihre Entwürfe sind entweder groß und voluminös und benötigen sehr viel Stoff, oder klein und sehr simpel.

 


Voluminöse Kreationen Herbst/Winter 2016  ©Stefan Knauer

 

Kontrastprogramm bei der Herbst/Winter 2015 Show: Schlichtes Minikleid (Mitte) trifft auf gerüschte Tüll-Kreation

INTENTION

Die Handarbeit soll in einem gefertigten Kleidungsstück von Molly Goddard sichtbar sein. Ihre Marke positioniert sich damit also eher in der Haute Couture, die Preise befinden sich aber im Rahmen eines Ready-to-wear Labels. Oberteile liegen bei £295, Kleider bei £500 bis hin zu mehr als £900.

Molly Goddard, Frühjahr 2018: Mit Weinglas und Zigarette auf dem Laufsteg.

 

Gut zu wissen:

  • Goddard Schwester, Alice, arbeitet als Stylistin. Sie ist die rechte Hand der Designerin.
  • Die Dozentin Willie Walters empfahl Molly Goddard, sich für den »Knitwear« Kurs zu bewerben. Goddard war mit dieser Entscheidung nicht zufrieden – Stricken machte ihr nicht besonders Spaß – jedoch konnte sie dort auch lernen, wie man seinen eigenen Stoff bzw. sein eigenes Material selber erschaffen kann.
  • Während ihrer Studienzeit ist Goddard von Louise Wilson, ehemalige Dozentin von John Galliano, unterrichtet worden.